Mit der Einführung des dreijährigen Ausbildungsberufes "Fachkraft/Servicekraft für Schutz und Sicherheit" vor knapp fünfzehn Jahren sollte die Qualität von Sicherheitsdienstleistungen verbessert werden. Allerdings werden die zu wenigen gut ausgebildeten Fachkräfte, allenfalls als Führungspersonal bei anspruchsvolleren Aufträgen eingesetzt. Sie übernehmen dann die Koordination und Einsatzplanung von Sicherheitskräften in der Vorplanung und im Einsatzfall, bei Vorhandensein entsprechender Handlungskompetenzen und zielführender Anleitung, die Erstellung von Sicherheitskonzepten, zumindest für kleine Unternehmen oder Zuarbeiten für KMU und Konzerne. Die verbleibenden weniger gut ausgebildeten Fachkräfte inkl. Servicekräfte für Schutz und Sicherheit, fristen ihr Dasein auf Stellen einer Sicherheitskraft gem. § 34 a GewO oder einer Geprüften Schutz- und Sicherheitskraft. Ein Traum von Effizienz und Ausdruck verfehlter Bildungspolitik.
Die überwiegende Zahl der Beschäftigten aber hat lediglich die "Sachkundeprüfung nach § 34a Gewerbeordnung" (GewO) vor der örtlichen Industrie- und Handelskammer abgelegt. Eine solche Sachkundeprüfung ist zwingend vorgeschrieben, bevor Tätigkeiten im Objekt-, Werk-, Veranstaltungs- oder Personenschutz im öffentlichen Rechtsraum übernommen werden dürfen. Ein nicht unwesentlicher Antel an Sicherheitsmitarbeitern hat lediglich die Unterrichtung gem. § 34 a GewO. Diese stellt die Mindestausbildung von lediglich 40 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten dar. Die Änderung der Zuständigkeit der Regularien für das private Sicherheitsgewerbe in Richtung Bundesministerium des Inneren und für Heimat hat bisher nichts an Veränderungen gebracht. Lediglich der Entwurf des Sicherheitsdienstleistungsgesetzes ist auf den Weg gebracht und in den entsprechenden Ausschüssen des Bundestages angelangt. Das spielt natürlich den Lobbyisten, zur Aufrechterhaltung der unbefriedigenden Zustände in der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Verbindung mit den Regelungen des Entgeldtarifvertrages des Bewachungsgewerbes, zur Sicherung ihrer Finanzinteressen, in die Hände. Im Prinzip ein Abbild der Wertigkeit der nationalen Sicherheitsarchitektur.
Führungsqualitäten und wissenschaftlich fundierte Kenntnisse in Recht und Management werden indem in Deutschland bislang nicht konsequent, den Markterfordernissen und den Sicherheitslagen angemessen, zeitnah vermittelt.
Zumeist werden Sicherheitsunternehmen zum Schutz privater Auftraggeber tätig, zum Beispiel als Wachdienste mit unterschiedlichsten Aufgabengebieten, Werkschutz, Privat- und Ladendetektei und Personenschutz und andere. Dabei dürfen die Sicherheitskräfte in der Regel nur diejenigen Rechte auszuüben, die ihren Auftraggebern zustehen. Sie haben nur solche Eingriffsbefugnisse, die gesetzlich jedermann in Anspruch nehmen kann, insbesondere die bürgerlichen Schutz- und Selbsthilferechte, strafrechtliche Notwehr- und Festhalterechte. So ist es einem privaten Sicherheitsdienst erlaubt, gegenüber Dritten körperliche Gewalt anzuwenden, wenn eine Notwehrlage vorliegt (zum Beispiel, wenn er selbst oder eine andere Person angegriffen wird). Bereits diese scheinbar banale Einschätzung einer Notwehrlage setzt fundiertes Wissen des Notwehr- und Notstandsrechts voraus und rechtssichere Anwendung im Rahmen des Entscheidungsprozesses beim Abarbeiten der Notwehrlage. Wo sollen diese Handlungskompetenzen herkommen? Etwas als Ergebnis einer 40-stündigen Unterrichtung gemäß § 34 a GewO? Was für eine behördliche Fehleinschätzung! Oder als Ergebnis der Sachkundeprüfung gemäß § 34 a GewO? Eine ebensolche gravierende Fehleinschätzung! Man könnte den Eindruck erhalten, das Forderungen nach Geprüften Schutz- und Sicherheitskräften sowie Fachkräften/Servicekräften für Schutz und Sicherheit, dem einzigen Zweck dienen, vom Markt geforderte Stellen zu besetzen, egal wie. Hauptsache die Stelle hat einen entsprechenden IHK-Abschluss (Qualifikations- oder Berufsabschluss). Die Qualität ist unerheblich. Denn je höher die Qualität desto mehr erhellt der Ruf nach gerechter Entlohnung! Und das ist finanzpolitisch nicht gewollt.
Eine quantitative Zunahme der öffentlichen Auftragsvolumen, als qualifizierter Partner der Polizeien, sehen wir gegenwärtig nicht als zielführend, auf Grund der fehlenden Handlungskompetenzen eines zu hohen Anteils der Sicherheitsmitarbeiter. Daran sollte wir intensiv und in hoher Qualität arbeiten.
Ergänzend ist eine qualitative Veränderung nur möglich, wenn der Staat seiner Verpflichtung für die innere Sicherheit in der Form nachkommt, eine fundierte, messbare, unabhängig vom Lobbyismus, tragfähige und kontrollierbare, gesetzliche Grundlage zu schaffen. Und diese durch ebenso unabhängige Kontrollgremien überwacht.
Soweit zum Traum! Deutlich sichtbar werdend ist dieser im Rahmen der Außenpolitik dieses Landes, der Wirtschaftskrisen, der wechselhaften Entwicklungen in den bekannten Risiko- und Krisengebieten und anderer gegenwärtig scheinbar bedeutenderen Aufgaben, im Auge der führenden Parteien dieses Landes, als die Lage der Inneren Sicherheit und der privaten Sicherheit und deren Rolle in der Sicherheitsarchitektur dieses Landes.
Berlin, Oktober 2023
F. Müller